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Tinte und Feder

Der erste Schwung des letzten Wortes war kühn. So kühn, dass der Bogen fast das übrige Wort überlagerte. Und doch war der Sinn noch zu erfassen: Sofort! Die Aufforderung würde wirken, vielleicht auch wegen des Schwungs, der aus Leidenschaft geboren, die Bitte zu einem Befehl machte. Soldaten waren es gewohnt Befehle auszuführen, insbesondere solche, die mit Nachdruck erfolgten. Schwung und Wort sorgten für diesen Nachdruck.

Der Schreiber, angesehen und von hohem Rang, würde mit diesem Wort und den schwungvoll und handwerklich geschickt verfassten, erklärenden Sätzen einem dringenden Anliegen das nötige Gewicht verleihen. Denn er sah seine Zukunft, sein weiteres Leben dahinschwinden, wie der leise verhallende Klang eines einst vollen Glockengeläuts.

Doch er wusste bereits in dem Augenblick, als er sich an seinen kleinen Schreibtisch setzte und die Feder das erste Mal in das dunkle Blau des Fasses tunkte, dass er die Verhaftung seiner ersten und einzigen Liebe nicht hinnehmen würde. Er würde kämpfen, mit der mächtigsten Waffe, die ihm zur Verfügung stand. Es war die Waffe des geschriebenen Wortes und sie würde ins Herz treffen. Denn nur ihre Entlassung würde er akzeptieren. Sofort!

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